Ganz allgemein gesprochen, geht es bei der Koexistenz um das friedliche Miteinander der verschiedenen Nutzer und Anspruchsgruppen auf den Wegen des Langsamverkehrs. Aber wie gelingt uns das? Wir zeigen unseren Weg, um das Interesse aller Stakeholder bestmöglich zu fördern.
DEFINTION – ein holistischer Blickwinkel
Koexistenz wird im Rahmen von Mountainbikedestinationen und Angeboten oft gleichgestellt mit dem friedlichen Miteinander. Einerseits von Mountainbikenden und andererseits denen, die zu Fuss unterwegs sind. Dies zeigt aber nur eine Beziehung. Wollen wir holistisch die Perspektiven der Koexistenz analysieren, müssen wir alle Nutzer- und Interessensgruppen berücksichtigen, die im gleichen Raum unterwegs sind. Das können Trailrunner sein, Skitourengeher, Spaziergänger… Im Englischen werden dafür eher die Begriffe „shared trail“, „multi use trail“ oder „multi use trail networks“ verwendet. Um das Rad noch weiter zu spinnen: es geht nicht nur um die Nutzer, die dort im gleichen Raum Erholung suchen, sondern auch um die, die den Raum anders nutzen: Beispielsweise zur Jagd, Forstwirtschaft, Landwirtschaft oder Alpwirtschaft. Ausserdem beinhaltet die Koexistenz auch die Umwelt und alles, was sich rund um die Wege abspielt – die Flora und Fauna, der Boden, die Luft, das Wasser. Es geht also grundsätzlich um eine nachhaltige Nutzung der Ressource „Raum“ respektive „Umwelt“. Wie überall, wo Bedürfnisse zusammenkommen, müssen diese gesteuert werden. Diese Perspektiven gilt es zu berücksichtigen, wenn wir über Koexistenz und das friedliche Miteinander sprechen.

ALPIN vs. URBAN, TOURISMUS vs. NAHERHOLUNG - ein breites Spektrum
Koexistenz zeigt sich sowohl im urbanen als auch im alpinen Raum, wobei die Schwerpunkte unterschiedlich sind. Dabei lassen sich «urban» und «alpin» kaum eindeutig unterscheiden, vielmehr ist es ein Spektrum. Es gibt sowohl ländliche geprägte Gebiete (Alpweiden im Jura) in Stadtnähe als auch urbane Gebiete im alpinen Raum (Städte wie Chur, Innsbruck, usw). Ebenso nicht ausser Acht zu lassen ist der Blickwinkel auf das Motiv: Sind hier Nutzende aus touristischen Zwecken, um ihre Ferien zu verbringen? Dies bezieht sich meist, aber nicht immer, auf alpine Gegenden. Oder geht es vielmehr darum, möglichst unkompliziert und direkt vor der Haustür Erholung zu suchen. Wichtig ist, die Überlegungen nicht nur auf Tourismus zu beziehen, sondern eben auch auf die Naherholung. Auf Grund der schieren Menschenmenge scheint der Bedarf nach Koexistenzmassnahmen in urbanen Erholungsräumen oft grösser. Rücksicht auf die Natur sollte ohnehin überall genommen werden.
ENTFLECHTUNG – teilen oder aufteilen?
Oft ist der Gedanke verankert, wir müssen eine vollständige Trennung der Nutzergruppen vornehmen, um ein friedliches Miteinander zu gewährleisten – also eine infrastrukturelle Entflechtung. Das Resultat wäre vereinfacht gesagt: Es gibt einen Weg für Bikende und einen Weg für Wandernde. Dies ist aber in den seltensten Fällen notwendig, aus ökologischer und ökonomischer Sicht nur wenig sinnvoll – und wenn nur punktuell. Platz ist grundsätzlich vorhanden, es gibt viele Wege, die wenig genutzt werden. Massnahmen sind nur dort notwendig, wo sich ein Aufeinandertreffen nicht vermeiden lässt. Im Grundsatz wird immer eine Koexistenz, also möglichst viele Nutzer auf dem gleichen Weg, angestrebt.
Gleiches gilt für Verbote: Diese sind unserer Meinung nach die Ultima Ratio. Es gibt noch andere Tools der Trennung: Zum Beispiel durch spezifische Angebotsentwicklung mit Magnetwirkung für einzelne Nutzergruppen. Findet eine positive Lenkung statt, können Nutzerströme entsprechend geleitet und gelockt werden. Ein ganz simples Mittel haben wir in Saint-Moritz angewendet, wo sich vor einem Bergrestaurant auf engem Raum viele Nutzer versammeln. Durch eine separate Velospur mit attraktiven Velopark-Modulen werden Bikende magnetisch angezogen.
Wichtig sind immer die Alternativen, die wiederum anderen Nutzergruppen zur Verfügung stehen. An gewissen Orten hat sich auch eine Einschränkung der Zugänglichkeit auf andere Weise bewährt. Wenn der Transport von Bikes beispielsweise nur bei bestimmten Bergbahnen gewährt wird. Auch zeitliche Trennungen sind möglich.

VORGEHEN – unser Massnahmen-Kreislauf
Aber wie fördern wir nun ein friedliches Miteinander von unterschiedlichen Nutzer- und Interessensgruppen? Idealerweise durchschreiten wir 3-4 Ebenen bzw. Massnahmen im Kreislauf. Der Startpunkt ist nicht fix vorgegeben, wir bei ALLEGRA haben allerdings einen Lieblingsstartpunkt und eine Ebene bei der wir sagen: Hier besser nicht starten. Dazu kommen wir weiter unten im Artikel.
SITUATIONSANALYSE - hinter den Kulissen
Das A und O ist die sorgfältige Planung hinter den Kulissen rund um das Wegenetz. Wo findet was statt, wo soll sich mit welcher Mobilität mehr bewegt werden und wo weniger? Das beinhaltet die Planung an der Karte, aber auch viele „Runde Tische“ und Gespräche mit den Stakeholdern. Dazu kommen Planungs-, Bewilligungs-, und Genehmigungsprozesse, Handbücher und Richtlinien. Erst wenn alle möglichen Anliegen bestmöglich berücksichtigt wurden, kann daraus ein Plan konsolidiert werden.
ANGEBOTSENTWICKLUNG - auf der Bühne
Hat man nun entschieden, wo was für wen stattfinden soll, entwickeln wir gute Angebote. Denn diese sind das beste Argument und eine effektive Methode, um die Nutzergruppen dementsprechend zu kanalisieren. Sind die Trails aus Sicht der Mountainbikenden an einer Stelle überzeugend, dann wird in den seltensten Fällen auf andere Wege ausgewichen. Die richtigen Trails, für die richtige Zielgruppe an den richtigen Orten ist entscheidend und trägt zur Koexistenz bei. Die klare Signalisation, bzw. Beschilderung ist ein ebenso wichtiger Bestandteil. Ein effektives Mittel zur Kanalisierung sind zudem technische Design- und Baumassnahmen und Anpassungen. Kann man die VelofahrerInnen an kritischen Begegnungspunkten so verlangsamen, dass die Begegnung entspannter und friedlich verlaufen kann, so trägt das zu einem friedlichen Miteinander bei. Wie genau das geht, erfahrt ihr bald in einem separaten Blogpost mit praktischen Tipps von unseren Trailbau-Experten. Wir schicken dir gerne den Link dazu - willst du eine Erinnerung?
KOMMUNIKATION - lasst uns darüber sprechen
Die Kommunikation ist ein starkes Mittel, um das friedliche Miteinander zu fördern. Aufzeigen, dass hier verschiedene Nutzergruppen aufeinander treffen, sensibilisiert meist bereits. Dies kann auch über den direkten Kontakt und Dialog geschehen. Unser Experte Kevin entwickelt ausserdem erfolgreich fairtrail-Sensibilierungskampagnen gemeinsam mit und für den Kanton Graubünden. Und mit der ALLEGRA Academy haben wir zudem eine einzigartige Online-Schulungsplattform geschaffen, um die involvierten Akteure aufzuklären, zu schulen und zu sensibilisieren. ABER: Die Kommunikation ist die Ebene, an der wir empfehlen, nicht anzufangen. Denn solange die Planung und Angebotsgestaltung noch nicht sauber ausgearbeitet ist, propagieren wir nur das friedliche Miteinander, ohne aber für den dafür friedlichen und notwendigen Rahmen gesorgt zu haben. Kommunikation kann unterstützend sein, erreicht alleine aber keine Koexistenz.
MONITORING - was ist los auf unseren Wegen?
Heute können wir messen, was wirklich auf unserem Wegenetz passiert. Das ist wichtig, um zu entscheiden, ob die Koexistenzmassnahmen wie geplant funktionieren. Ganz wird das nie der Fall sein, deswegen messen wir mithilfe von Monitoring die Bewegungen und den effektiven Stand der Frequenzen verschiedener Mobilitäten auf unserem Wegenetz. Dies kann auf qualitative Weise geschehen, beispielsweise durch Befragungen von Wegnutzer:innen oder durch die Analyse von Reklamationen/Beschwerden, die auf speziell dafür eingerichteten Plattformen eingehen. Anschließend erfolgt eine quantitative Analyse durch die Messung von Nutzerströmen und -frequenzen. Heutzutage erhält man wertvolle Daten durch eine Mischform von analogen und digitalen Daten die zeigen, welche Art von Nutzung wann und wo auf den Wegenetzen stattfindet. Unser Experte für Monitoring und hybride Frequenzmessung Benni kann da noch viel mehr zu erzählen. Dieser Schritt ist wichtig, um datenbasierte Entscheidungen in der Planung zu treffen oder als Controlling, um die anderen Schritte anzupassen und für ein langfristig erfolgreiches Ergebnis zu optimieren. So schliesst sich der Kreislauf, der uns eine möglichst gute und friedliche Koexistenz aller Nutzer und Stakeholder ermöglicht.
ALLEGRA – Voller Zuversicht für ein friedlich(er)es Miteinander!
Wir von ALLEGRA haben die Koexistenz nicht erfunden. Sie reicht viel weiter zurück, wie ihr in diesem Artikel erfahrt. Aber, wir haben eine professionelle Herangehensweise erarbeitet und vielfach angewendet, um Koexistenz bestmöglich zu gewährleisten. ALLEGRA bedeutet Zuversicht – und das sind wir. Wir sind zuversichtlich, mit unserem Konzept und Ideen das Beste für jede Nutzergruppe und alle Beteiligten herauszuholen. Die perfekte Allgemeinlösung gibt es nicht. Wir beraten und handeln in den verschiedenen Ebenen und Massnahmen ganz individuell. Gerne setzen sich unsere Experten mit euch zusammen, um mögliche Ansätze und Handlungsempfehlungen zu finden: für eure Bergbahn, eure Region, eure Gemeinde oder euren Kanton. Auf allen Ebenen – für ein friedlicheres Miteinander und gelebte Koexistenz.
Schreib uns gerne, wenn du Fragen dazu hast oder den Gedanken der Koexistenz säen möchtest.
Das Thema Koexistenz wird in diesem Schulungsvideo der Masterclass de l'ALLEGRA Academy von unserem Darco auch nochmal anschaulich erläutert.